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/ Ein Einblick in den Kleiderschrank von Haruki Murakami

Haruki Murakami: Gesammelte T-Shirts

Ein Einblick in den Kleiderschrank von Haruki Murakami

Im Januar erschien der letzte Kurzgeschichtenband von Haruki Murakami. Kurz der Frankfurter Buchmesse hat der Dumont-Verlag nachgelegt und einen weiteren Band mit Texten des japanischen Autors veröffentlicht. Er heißt "Gesammelte T-Shirts".

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3 min

"Eigentlich bin ich kein passionierter Sammler; dennoch durchzieht das Sammeln von allen möglichen Dingen geradezu leitmotivisch mein Leben. Ich besitze mehr LPs, als ich mir je anhören könnte, massenhaft Bücher und Zeitungsausschnitte, die ich vermutlich niemals wieder lesen werde, Bleistifte, die zu kurz zum Anspitzen sind, und vieles mehr", gesteht Haruki Murakami zu Beginn seines neuen Buches und erklärt gleich darauf, was ihn beim Sammeln antreibt: "Wie Urashima Taro, der nicht anders konnte, als die Schildkröte zu retten, fühle ich mich instinktiv getrieben,

Dinge zu horten, obwohl ich weiß, dass ich es nicht tun sollte. Zu den "Dingen, die sich quasi automatisch ansammeln, gehören auch T-Shirts."

Wer hätte gedacht, dass der scheue japanische Autor, der so sorgsam mit den Informationen über sein Privatleben umgeht, sich einmal als Sammler von so etwas Banalem, wie T-Shirts, outen würde.

Es ist geradezu rührend, womit er seinen Sammeltrieb rechtfertigt: mit dem geringen Preis für T-Shirts, mit ihrer Originalität oder damit, dass er viele T-Shirts geschenkt bekommt, z.B. bei Marathonläufen und Lesungen.

In "Gesammelte T-Shirts" präsentiert Murakami über 100 T-Shirts aus seinem reichhaltigen Fundus. Man bekommt quasi einen Einblick in seinen Kleiderschrank. Die Sammlung reicht vom stinknormalen Converse-T-Shirt über Tier- und Superhelden-T-Shirts bis zu Wettkampf-T-Shirts, T-Shirts von Konzerten, T-Shirts mit Aufdrucken von Platten oder Whisky-Marken.

Man erfährt nichts Neues

Zu jedem der T-Shirts, die im Buch auch abgebildet sind, erzählt Murakami etwas. Viel Neues erfährt man dabei nicht. Die Geschichten handeln u. a. von seiner - inzwischen hinlänglich bekannten - Leidenschaft für Jazz, Marathon und Baseball. Er erzählt, welchen Whisky er bevorzugt, wann und wie er ihn am liebsten trinkt.

Und dass er seine Whisky-T-Shirts zum eigenen Bedauern nur selten trägt, weil er sonst als Alkoholiker abgestempelt werden könnte.

Manchmal, aber viel zu selten, blitzt leise Ironie in den Texten auf. Alles in allem überwiegt ein Plauderton, der an vertraute Gespräche am Kamin erinnert.

Mit Literatur hat das wenig zu tun

Es ist ein bunter Reigen aus lauter kleinen Anekdoten, die der 72-jährigen Autor, der seit Jahren als Literatur-Nobelpreisträger gehandelt wird, hier zum Besten gibt. Dazu gehört z. B. auch, dass seine T-Shirts auf offiziellen Fotos unerwünscht sind oder dass er sich bei Konzertbesuchen T-Shirts kauft, die er aber nie trägt, und so weiter und so fort.

Mit Literatur hat das Ganze wenig zu tun, bis auf eine Ausnahme: das T-Shirt mit Aufdruck Toni Takitani. Es inspirierte Murakami zu dem Helden seiner gleichnamigen Erzählung. Selbst für eingefleischte Murakami-Fans gibt "Gesammelte T-Shirts" nicht viel her.

Es ist schade um die verlorene Zeit. Statt Anekdoten über ihn, liest man besser eine Geschichte von ihm, und sei es zum zweiten Mal.

"Gesammelte T-Shirts" basiert auf einer Artikel-Serie, die Murakami Mitte der 2000er für eine Zeitschrift schrieb. Bei der Veröffentlichung dieser Artikel in Buchform war es Murakami offensichtlich nicht ganz wohl. Seine gemischten Gefühle bringt er gleich zu Anfang zum Ausdruck:

"Ich glaube nicht, dass dieses Buch irgendjemandem etwas nützt (geschweige denn dazu beiträgt, aktuelle Probleme zu lösen). Sein einziger Sinn könnte darin bestehen, der Nachwelt zu überliefern, dass ein Schriftsteller ... im Alltag dieses schlichte Kleidungsstück trug."

Dem ist nichts hinzuzufügen! Falls Sie sich selbst ein Bild von Haruki Murakamis "Gesammelten T-Shirts" machen wollen - das Buch ist bei Dumont erschienen und kostet rund 24 Euro.