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/ "Eine unerwartete Wendung in der Geschichte!"

30 Joer Mauerfall

"Eine unerwartete Wendung in der Geschichte!"

Genee 30 Joer ass et hier, datt d'Mauer tëschent Ost a West Däitschland gefall ass. Mat dësem historesche Moment hätt deemools kee gerechent. E Samschdeg gëtt zu Berlin dowéinst grouss gefeiert. Wéi gouf dat ganzt deemools vu Leit aus Ostdäitschland erlieft? D'Rahel Könen huet mat zwee fréier DDR Bierger iwwer hir Erfarung aus dëser Zäit geschwat.

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6 min

"Wir sind mit der Mauer aufgewachsen, wir sind mit den Restriktionen aufgewachsen und es war für uns unvorstellbar, dass sich das wirklich verändern wird."

De Michael Hentschel ass zu Dresden opgewuess. 1989 hat hie grad ugefaangen als Proff ze schaffen. Zanter véier Joer lieft hien elo zu Lëtzebuerg a schafft, genee wéi säi Kolleeg Jens Joachim an der Europaschoul zu Mamer. Fir déi zwee war de Moment vum Mauerfall eng Iwwerraschung. Virun allem den 9. November hat fir de Leipziger Jens Joachim alles verännert.

"Da ging dann die Welle los. Ich hab's konkret am Fernseher erlebt. Weil man da wirklich jeden Tage Fernseh gekuckt hat. Weil sich alles verändert hatte. Was Neues gab's noch nicht. Es war so bisschen Anarchie. Es war gut für die Schule, wir konnten viel ausprobieren in der damaligen Zeit. Und der 9. November war dann eigentlich so die völlig unerwartete Wendung der ganzen Geschichte. Die Reformierung der DDR war dann eigentlich Geschichte, das war Illusion geworden."

"Si loossen eis wierklech eriwwer"

Och de Michael Hentschel hätt d'Ried deemools op der Tëlee matverfollegt. Gegleeft hätt hien dat, wat gesot gouf, awer net direkt:

"Ich hab dann am nächsten Morgen das Fenster aufgemacht und hab dann raus geschaut und hab vor der Polizei Station eine Riesen Schlange gesehen. Da waren schon Freunde von mir die haben gerufen: Komm runter, die lassen uns wirklich rüber! Und ich hab gedacht, das gibt's doch gar nicht. Wir sind dann runter gerannt und haben uns dann eingereit in diese Schlange. Und der Beamte hat dann gefragt: Kommen Sie wieder? Sag ich: ja keine Ahnung. Dann hat er so einen Stempel reingedrückt in unseren Personalausweis und dann konnten wir fahren. Und dann haben wir wirklich gefragt: Können wir jetzt rüber?"

Et hätt definitiv eng Zäitche gedauert, bis hie sech dru gewinnt hätt, datt d'Grenzen elo fir ëmmer op wieren. Villes war anescht:

"Na vor allen Dingen war's natürlich diese unglaubliche Menge an Printmedien, an Zeitungen, an allen möglichen Informationsquellen. Und so unterschiedlich - das war ja wirklich in der DDR gleichgetaktet. Da gabs zwar sieben Tageszeitungen, die haben aber mehr oder weniger das Gleiche geschrieben. Und das war im Westen eben nicht so."

Ënnerscheeder tëschent Ost a West

Méi bont, méi lieweg - eng aner Welt. Sou beschreift och de Jens Joachim seng éischt Andréck vu Westdäitschland. Fir hie war deemools awer kloer, datt hien am Oste wéilt bleiwen.

"Das war ein Eindruck, das war ok, ja, man konnte in den Westen. Aber die Probleme die man Zuhause hatte - also die Veränderungen jetzt in Leipzig, in der Schule, im Beruf, die ganze Zukunft, wie geht es mit den Eltern weiter, mit der Familie weiter - also mich hat das damals viel viel mehr rumgetrieben jetzt als unbedingt in den Westen zu reisen. Das war für ein Nebeneffekt. Aber mein Denken war jetzt überhaupt nicht davon geprägt zu sagen, ich muss jetzt gucken, wie ich hier wegkomme, sondern eher was passiert jetzt hier bei uns."

D'Zäit nom Mauerfall hätt vill Verännerung mat sech bruecht: D'Wärung vum Osten an och verschidden Diplomer waren am Westen net unerkannt. Déi éischt Jore vun der Reform hätt een am Osten awer vill kreativ Fräiheete gehat. Dat seet de Michael Hentschel:

"Bei uns an der Schule gab's dann einen Schüleraustausch mit Amerika. So dass man dann auch sich schon die Welt bisschen aufgemacht hat, für sich selber. Und man konnte eben dort auch weiterhin Leben, das war nicht menschenunwürdig. Also es war jetzt nicht so, dass wir jetzt täglich im Osten gesagt haben, wie furchtbar schlecht und benachteiligt wir sind. Also so war's nicht."

An awer: Ënnerscheeder tëschent hinnen aus dem Osten an hire westdäitsche Kolleege géif et ginn, sou de Michael Hentschel weider:

"Aber wir haben natürlich schon eine andere Geschichte, also das merkt man schon. Dass wir durch diesen Zerfall dieses Systems, dass wir diesen Zerfall eben mitgemacht haben, eben vielleicht einige Dinge manchmal anders sehen."

Haut gëtt net méi ënnerscheet

Als "Ossi" identifizéieren déi zwee sech awer net méi, sou de Jens Joachim:

"Wir werden auch nicht so wahrgenommen. Also wenn ich jetzt in den Westen komme, werde ich jetzt nicht als Ossi wahrgenommen. Wenn ich sage, ich komme aus Leipzig, ok, dann komm ich eben aus Leipzig. Das ist jetzt nicht das Thema: Achso, sie kommen aus dem Osten. Also meiner Meinung nach hat sich das sehr normalisiert."

Fir Verännerung sinn déi zwee Proffen aus Ostdäitschland op Lëtzebuerg komm a genéisse virun allem dat internationaalt Ëmfeld hei am Land.

"Wenn man dann aus dem ehemaligen Osten kommt, dass man dieser Internationalität dann bisschen aufgeschlossener gegenüber steht, weil man das eben vorher nicht hatte, und wir das vielleicht auch schätzen, dass es diese Möglichkeit jetzt gibt. Und wir unseren Kindern nun diese Möglichkeit geben können, die vorher undenkbar waren."