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Rechtsextremismus

"Eine Radikalisierung des rechten Protestes"

Die Stadt Chemnitz in Ostdeutschland war in den letzten Tagen weltweit in den Schlagzeilen: Am Sonntag hatten sich dort spontan 800 Menschen bei einer Demonstration versammelt, nachdem in der Nacht zuvor ein 35-jähriger Mann auf dem Stadtfest erstochen wurde. Tatverdächtig sind ein Iraker und ein Syrer. Unter den Demonstranten waren auch gewaltbereite Rechte, die eine regelrechte Hetzjagd auf Ausländer machten. Politik und Polizei scheinen machtlos. Ein Gespräch mit Politikwissenschaftler Dr. Markus Linden von der Universität Trier über den erstarkenden Rechtsextremismus und seine Ursachen.

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2 min

Dr. Markus Linden ist wissenschaftlicher Mitarbeiter im Fach Politikwissenschaft an der Universität Trier, Lehrstuhl für Vergleichende Regierungslehre

Dr. Markus Linden, Sie beschäftigen sich schon seit vielen Jahren mit dem aufkeimenden Extremismus, vor allem in Ostdeutschland. Überraschen Sie die Vorkommnisse von Chemnitz?

Überraschend ist das eigentlich nicht. Das ist eine Sache, die sich schon lange angekündigt hat und die auch seit längerem vorkommt. Wir haben insbesondere in Ostdeutschland, aber auch in Westdeutschland, eine Radikalisierung des rechten Protestes die wir beobachten können seit, ich würde mal sagen, 2015.

Woran liegt es, dass sich die Rechte jetzt gerade in Ostdeutschland so stark zeigt?

Der übergeordnete Grund ist natürlich die Flüchtlingskrise, oder die an der Flüchtlingspolitik von Angela Merkel. Der entscheidende Grund ist auch die Radikalisierung der AfD. Man muss bedenken, dass die AfD als eine liberal-rechts-populistische Partei gestartet ist und sich mittlerweile zu einer eindeutig rechtsradikalen Partei gewandelt hat. Sie wird von den rechtsradikalen Kadern, insbesondere in Ostdeutschland, dominiert und es mangelt da auch an einer Distanzierung der Parteiführung von diesen Auswüchsen.

Das heißt, die AfD unterstützt diese Rechtsextremisten dann auch, oder wird in Ostdeutschland von ihnen unterstützt?

Das ist eine Gemengelage. Wenn Sie die jetzt auseinander nehmen zwischen Rechtsextremisten, Rechtsradikalen und Rechtspopulisten, dann wird es so sein, dass dort einige Agitatoren sind, einige freie Kameradschaften und insbesondere Fußballfanclubs in Chemnitz, die der rechtsextremen Szene zugeordnet werden können. Das vermischt sich mit einer Widerstandsrhetorik, die von der AfD gesetzt wurde. Durch die Flüchtlingspolitik von Angela Merkel sieht man sich herausgefordert und argumentiert, dass man zivilen Ungehorsam leisten kann gegen eine angebliche Rechtslosigkeit an den deutschen Grenzen. Dadurch hat sich diese Stimmung unglaublich aufgeheizt und deshalb marschieren mittlerweile auch "normale" Bürge zusammen mit Rechtsextremen auf einer Demonstration. Es war meines Erachtens ein Fehler, dass man die AfD schon sehr früh verteufelt hat, als sie noch eine "normale" rechts-populistische Partei war. Mittlerweile, durch diesen rechtsradikalen Trend, können die Bürger und die Anhänger dieser Partei überhaupt nicht mehr unterscheiden, was denn jetzt der Unterschied sein soll zu früher, als man noch "normale" Positionen vertreten hat.


Das ganze Gespräch mit Dr. Markus Linden:

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